Denkmal

Kurzbezeichnung
Wohnhaus
Anschrift
Große Wiese 19
Bauzeit
1958-1959
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Denkmalwertbegründung

Wertung

Großes Einfamilienwohnhaus, 1958/59 durch das Architektenteam von Hausen, Rave und Ruhnau errichtet. In Materialität und architektonischer Gestaltung ist das Haus eines der wenigen Beispiele modernen Wohnbaus in der 50er Jahre Architektur Münsters: In der Grundrissdisposition sind Prinzipien amerikanischer Architektur mit mehreren Wohnebenen umgesetzt. Im Äußeren präsentiert sich der Bau als Zweischeibenhaus mit Giebelwänden aus Kieselwaschbeton, die Betongeschoßböden zeichnen sich als optische Gliederungslinien unkaschiert in den Außenwänden ab - hier klingen Tendenzen der Architektur des internationalen Brutalismus an. Das ausführende Architektenteam hat die Stadtarchitektur Münsters in den 1950er Jahren durch viele Bauprojekte nachhaltig mitgeprägt. Denkmalumfang: Der gesamte Baukörper des Hauses einschließlich der erhaltenen originalen Gebäudeausstattung (Fenster, Türen, Treppen, Kamin u. a.) und der Garage. Als hochklassiger, gut erhaltener Repräsentant des modernen Nachkriegswohnbaus in Münster erlangt das Haus aus architektur- und stadtbaugeschichtlichen Gründen Denkmalwert.

Literatur: Nils Gutschow und Gunnar Pick: Bauen in Münster, Münster 1983, S. 84.

1. Benennung des Objekts, Typ, Einordnung in die Umgebung

Eingeschossiges Einfamilienwohnhaus mit zu Bürozwecken teilausgebautem Keller und freistehender Garage. Das Objekt liegt am nördlichen Rand eines großen, nach Süden abfallenden Grundstücks. Das Gebäude wurde außerhalb jeglichen Siedlungsareals solitärhaft in einem geplanten Landschaftsschutzgebiet errichtet. Im Bereich Große Wiese befindet sich Bebauung bis heute nur in Streulage.

2. Daten

Erbaut: Bauantrag 30.09.1957
Baugenehmigung 28.04.1958
Gebrauchsabnahme 06.07.1959
Bauherr: Clemens August Heüveldop, Textilkaufmann, Emsdetten
Architekten: Max Clemens von Hausen, Ortwin Rave, Werner Ruhnau (nach Aussage der Bauakten scheint Rave federführend gewesen zu sein).

3. Bauliche Veränderungen

Da für das Baugelände des Hauses 1957/58 auch Landschaftsschutzabsichten vorlagen, wurden schon in der Planungsphase Auflagen hinsichtlich der Lage des Hauses auf dem Grundstück und der Platzierung der Garage gemacht, damit eine bauliche Isolierung vermieden und gleichzeitig eine Freihaltung des eigentlichen Kinderbachtals gewährleistet werden. (Stellungnahme RP vom 22.02.1958) Auch für die Anlage des Gartens gab es Einschränkungen, er sei wiesenartig zu gestalten. Er darf vor allem nicht mit Mauern und hohen Zäunen eingefriedet werden. Die genannte Wallhecke und die auf dem Grundstück befindlichen Bäume müssen erhalten bleiben. Es dürfen im Übrigen nur bodenständige Pflanzen gesetzt werden. (Ebenda) Seit der Fertigstellung außer den üblichen Renovierungsmaßnahmen keine substantiellen baulichen Eingriffe.

4. Formhistorische Beschreibung der baulichen Gestaltung

Das flache, eingeschossige Haus macht sich das nach Süden abfallende Baugelände in der Weise zunutze, dass der Keller zur Gartenseite als Vollgeschoß in Erscheinung tritt. Möglich ist dies durch eine Vertikaltrennung des Hauses in zwei Haushälften und eine Anhebung der Osthälfte, aus der ein Wohnen auf vier Ebenen resultiert: Bei -2,31 m liegt der Keller unter der westlichen Haushälfte (Heizung und Vorratsfunktionen). (...) Das Vorbild für solche Wohnstrukturen lieferte der zeitgleiche amerikanische Einfamilienhausbau. Charakteristikum des Grundrisses ist der großzügige Schnitt, erlebbar etwa im repräsentativ mit wandhohen Verglasungsflächen sich nach Süden öffnenden, 50 qm großen Wohnzimmer.

Der Außenbau spiegelt die komplizierte Grundrißstruktur wieder. Der backsteinerne Kellersockel ist unter der östlichen Haushälfte erhöht, darüber verspringt die Betongeschoßdecke, die nach Westen, Süden und Osten überkragt. Darauf erhebt sich das Erdgeschoß in der Art eines Zwei-Scheiben-Hauses: zwischen die Giebelseiten in Kieselwaschbeton sind die backsteinernen Traufwände gespannt, die nördliche bündig mit den Außenkanten des Hauses, die südliche eingezogen und so einer überdachten Terrasse Raum gebend. Die Wandöffnungen verteilen sich vorwiegend nach funktionalen Gesichtspunkten. Zur Gartenseite (südliche Traufwand) überwiegen große Verglasungsflächen, die Nordwand als Straßen- und Eingangseite zeigt sich stärker geschlossen. Das Satteldach ist flach geneigt, durch den südlich versetzten First sind die Dachflächen in Größe und Neigung verschieden. Der Architekturstil des Brutalismus (von frz. beton brut = Sichtbeton) forderte eine ehrliche Architektursprache, die Materialien und selbst Gebäudeinstallationen unkaschiert sichtbar beließ und innere bauliche Strukturen und Funktionen bewusst am Außenbau widerspiegelte.

In seiner Materialität - etwa den außen sichtbaren Betongeschossböden - zeigt das Haus Große Wiese 19 Anklänge an diese Architekturrichtung.

5. Beschreibung der historischen Nutzung und Bedeutung

Die Grund- und Aufrisslösung des Hauses Große Wiese 19 ist gleichermaßen bedingt durch das abschüssige Baugelände wie durch das Bedürfnis des Bauherrn, Wohn- und Bürozwecke unter einem Dach zu vereinigen. Dabei gehört dieses Haus in den 1950er Jahren zu den wenigen Beispielen von Wohnarchitektur in Münster, die konsequent in modernem Formenrepertoire errichtet wurden.

Es waren insbesondere die Mitglieder der 1953-55 existierenden Architektensozietät Deilmann, von Hausen, Rave und Ruhnau, die Elemente modernen Bauens in der münsterischen Wohnarchitektur heimisch machten: vgl. Kapitelstraße 51 (1952 von M. C. von Hausen), Tegederstraße 28-30 und Jessingstraße 11-13 (1956 von Harald Deilmann). In diesen Bezugsrahmen fügt sich das Haus Große Wiese 19, das 1958/59, nach dem Ausscheiden Deilmanns aus dem Architektenteam, entstand.

Denkmalnummer
665/1
Eintragungsdatum
14.04.1998